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Im Frühtau zu Berge

Sodann ging es nach dem reichhaltigen Frühstück wieder nach Lettland, wie der ein oder andere beim Verlassen des Hotels anmerkte, und dann mit dem Bus zunächst über den Dünastrom und dann weiter gen Norden. Der Weg gen Estland führte zunächst durch die Vorstädte von Riga, währenddessen erschlug uns Maija förmlich mit Informationen über die Geschichte einzelner passierter Gebäude, der Vorstädte, die generelle Lage der baltischen Staaten vor und nach der Wiedererlangung der Selbständigkeit, alles wiederzugeben wäre wohl eher die Aufgabe eines Buches, daher hier zunächst nur eine Auswahl der Ausführungen. Nicht im Reiseführer findet man üblicherweise, daß die Vorstädte heute in aller Regel aus ehemaligen Werkswohnungen bestehen, die in den 50er Jahren gebaut worden sind. Heute sind sie überwiegend von Russen bewohnt, sie sind aber mit einer Fläche von etwa 15 Quadratmetern je Wohnung heute eher unbeliebt. Angebunden an das übrige Riga sind die Vorstädte über den sehr preiswerten Personennahverkehr mit Straßenbahnen, Bussen mit und ohne O, sowie Zügen. Die Fahrt in die Stadt kostet wohl nur ungefähr einen Fünftel Lat. Außerhalb kann man Eineinhalb Santims für den Kilometer rechnen, verglichen mit den deutschen Preisen recht günstig, aber über die Qualität kann ich leider nichts aussagen, nur daß manche Strecken im Überlandverkehr recht zeitaufwendig sind. In den Vorstädten findet man unter anderem Textilindustrie, die aber nicht unter eigenem Namen vermarktete Ware herstellt, sondern solche, die unter dem Namen größerer Handelsmarken (auch und vor allem aus dem Westen) verkauft wird. Krisengeschüttelt ist die hiesige Elektronikindustrie mit ihren Telefonieherstellern. Weiter führte uns die Reise durch die historische Landschaft Livland. Dazu sind allerdings noch einige Anmerkungen vonnöten. Bewohnt und benannt wurde Livland im 13. Jahrhundert von Liven, hauptsächlich an der Dünamündung und am Gaujalauf, an dessen Flußlauf entlang übrigens unser Weg nach Cesis führte. Später verstand man dann unter Livland ein sehr viel größeres Gebiet, nämlich fast ganz Lettland und Estland, was aber kein einheitliches Gebilde war, sondern sich aus vielen kleineren Teilen zusammensetzte, bedeutsam waren dabei das Bistum Riga, Kurland, in Estland Oesel usw. In dieser Zeit war Livland letztlich - wenn auch zersplittert - Ordensland. Diese Zeit fand dann im Livländischen Krieg im 16. Jahrhundert ein Ende, links der Düna etablierte sich das Herzogtum Kurland, rechts das polnische Livland. Dasselbe Jahrhundert sollte dann als noch kleineres Livland als Zwischenspiel auch noch ein schwedisches Livland erleben, noch größer dann im folgenden Jahrhundert. Mit dem Ende des Nordischen Krieges 1721 endete dann die schwedische Zeit begann dann die russische, wobei die Bezeichnung Livland dann für eine noch kleinere Provinz stand, nur Riga war immer Teil dieses Gebildes. Die Zwischenstation auf dieser Reise - Cesis - sollte übrigens schon in Ordenszeit schon einmal Hauptort dieser Gegend wechselnder Zugehörigkeit sein.
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Dirk in Harburg 2001-08-12