30. September | Hechthausen Hamburg - Amsterdam - Montréal |
1. Oktober | Montréal und umzu |
2. Oktober | Montréal - Magoc |
3. Oktober | Magoc - Québeq |
4. Oktober | Québeq und umzu |
5. Oktober | Québeq - Montréal - Bearbrook / Ottawa |
6. Oktober | Ottawa |
7. Oktober | Ottawa |
8. Oktober | Bearbrook / Ottawa - Cambridge / Kitchener |
9. Oktober | Kitchener und umzu |
10. Oktober | Kitchener - Niangara Falls - Toronto |
11. Oktober | Toronto |
12. Oktober | Toronto - Kingston |
13. Oktober | Kingston - Upper Canada Village - Ottawa |
14. Oktober | retour nach Hamburg - Hechthausen |
15 Tage Kanada der Hechthausener Oste-Musikanten begannen schon am Tag vor der eigentlichen Abreise. Nicht allein, daß Instrumente und Noten (letztere in eigens angeschafften neuen Metallkisten) verstaut und sicher mit Packband verschlossen werden mußten (unterwegs in die USA war es leider zu einigen Beschädigungen an den Instrumenten gekommen), nein die Vorhut des Orchesters brach schon an diesem Tag, dem 29. September nach Amsterdam auf, da im Zubringerflug am folgenden Tag nicht genügend Plätze frei waren. Frühmorgens am 30. brach dann der Rest samt Anhang und mitreisenden Gästen (die im folgenden auch als Fanclub bezeichnet werden) nach Hamburg-Fuhlsbüttel auf. Ohne größere Probleme flog ein Teil der Reisegesellschaft mit British Airways über London nach Montréal, der Rest mit KLM über Amsterdam, dort vereinigt mit der Vorhut. (Unser Dirigent und mehr oder weniger Teilgruppenleiter zu diesem Zeitpunkt, Jürgen Grell) wirkte plötzlich sehr beunruhigt, als eine Stunde vor dem Abflug noch immer niemand von der Vorhut in Sicht gekommen war, nichtsdestotrotz haben wir schließlich und unendlich niemanden unterwegs vergessen oder verloren. Schon beim Anflug auf Montréal hatten wir dann den ersten wahrhaft überwältigenden Eindruck von den Farben des vielrühmten Indian Summer in Kanda: In kräftigen Rot- und Grüntönen strahlte uns der Wald beim Landeanflug auf Montréal entgegen. Nach dem Aus-Checken bestiegen wir dann nagelneue Busse unserer Stammbusfahrer, die uns in den nächsten zwei Wochen etwa 4000 Kilometer durch Kanada chauffieren sollten, mit dem Ziel Laval. Glücklicherweise hatten auch unsere Instrumente die Reise ohne größere Schäden überstanden, sie mußten natürlich kurz durchgesehen werden. Durch die Zeitumstellung war dieser Abend aber sehr ungewöhnlich, aber etwa 21 Uhr Ortszeit horchten nahezu alle Mitreisenden an der Matratze im ersten Hotelbett. (Im angeschlossenen Hotelrestaurant der Kette "Cage aux Sport" nervten außerdem die für uns etwas ungewohnten Foot-, Base- und ähnliche Ballübertragungen.
Unser erster ganzer Tag in Kanada führte uns zunächst nach Montréal, ganz in der Nähe unseres zu einer informativen Stadtrundfahrt, bei der ein Guide allerdings mit der deutschen Sprache zu kämpfen hatte (und verlor). Nachmittags folgte dann unser erster Auftritt in Kanada, diesmal mit Laufkundschaft in einem Obsthof nahe Montréal. Genau so, wie man in Hechthausen, Lamstedt und umzu sonntagnachmittags zum Spazierengehen in die Wingst fährt, fährt man von Montréal zum Äpfelpflücken in einen Obstgarten. Insgesamt war es zwar nicht das "seßhafteste" Publikum während der Reise, aber es war - angesichts des sonnigen Oktobertages - immerhin ein zahlreiches und dankbares Publikum.
Der Montagmorgen wurde von den meisten unter anderem in den unterirdischen
Malls (= Einkaufsstraßen; unterirdisch, da es in diesem Teil der
Welt gerade im Winter bitterkalt werden soll, wir hatten mit etwa 15°
Celsius zu Beginn des Oktobers ausgesprochenes Glück) von Montréal
verbracht. Einer kaufte sich dort eine Flasche einer ortsüblichen
Spirituose, die er aber unglücklicherweise unter eine Gartenbank,
auf der er und andere Mitreisende saßen, in der obligatorischen Papiertüte
plazierte. Zufällig kam jetzt ein wohl zumindest tauber Straßenkehrer
des Weges, der nicht anderes zu tun hatte, als die die gute Ordnung störende
Papiertüte samt Inhalt in seinen Kehrichtwagen zu entsorgen; Schade
um den Inhalt! Mittags begann dann die erste große Busfahrt nach
Magoc südlich des St.-Lorenz-Stroms.
<Karte folgt>
Der Weg führte uns durch die endlosen kanadischen Wälder
(an anderen Stellen sind sie sicher noch endloser) in den prachtvollen
Farben des Indian Summer. So schön es auch sein mag, nach ein bis
zwei Stunden wird es dann doch eintönig, so daß hier etwas begann,
was uns während der ganzen Reise nicht wieder zur Ruhe kommen lassen
sollte: Die Skatkarten durften auf den Tischen im hinteren Teil des (Musikanten-)Busses
nicht zur Ruhe kommen. (Die Fans fuhren im zweiten Bus; über die dortige
Situation kann ich - mangels Wissen darüber - keine Auskunft geben.)
Bevor wir unser Hotel für diese Nacht erreichten, machten wir noch
Station am Parc Oxford nahe Magoc, von wo aus wir die Umgegend von einem
mit einem Sessellift zu erreichendem Gipfel noch einmal sehen können.
Sicherlich war es beeindruckend. Sechs Achtelstunden den Berg hinunter
zum Bus gewandert ging es ins Cheribourg - ein ganz brauchbares etwas abgelegenes
Hotel, das wohl im Winter als Skihotel genutzt wird. Die einzelnen Zimmergemeinschaften
erhielten große, teilweise zweietagige Appartments. Zum freien Abendessen,
d.h. jeder durfte sich frei ein Essen kaufen, ging es noch in den Ort Magoc,
gelegen an einem See in den schon mehrfach zitierten kanadischen Wäldern.
Nebenbei, das Essen kam uns hier - wie auch anderenorts in Kanada - relativ
günstig vor. Wollte man in Deutschland in einer ähnlichen Qualität
und Menge essen, hätte man sicher mindestens das Eineinhalbfache des
Preises hier geben müssen - auch wenn die Sache mit den abschließend
aufgeschlagenen Steuern und Bedienungsgeldern uns immer noch seltsam vorkam.
Abends fanden sich dann zumindest die meisten der Musiker samt Anhang an
Hotelbar und Pool wieder.
Weiter ging die Reise am nächsten Tag zur Stadt Québec (in
der Provinz waren wir schließlich schon), natürlich nach dem
ausgezeichneten Frühstück, was eigentlich englische Ausmaße
hatte, acuh wenn wir im frankophonen Teil Kanadas waren, entsprechend hatte
der Toaster auch sehr mit den 100 Leuten zu kämpfen, die ganz plötzlich
und vor allem auch noch gleichzeitig frühstücken wollten. Unterwegs
hielt man eine große Asbestmine für sehr sehenswert, einige
Mitreisende sahen jedoch nur ein riesiges graues Loch mit ebenso riesigen
Kipplastern, die das abgebaute Material auf Erdniveau brachten. Eine andere
Pause diente wieder dem Besuch einer Mall (und nicht zuletzt der dort vorhandenen
(kostenlosen) sanitären Einrichtungen für die biologisch-technischen
Pausen). Endlich erreichten wir nach endlosen Wäldern und manchen
Grand-Hands die Stadt Québec, deren Unterstadt wir sogleich vermittels
einer Stadtführung erkundeten, endlich einmal eine amerikanische Stadt,
die nicht dem Reißbrett entstand. Es war fast wie in der guten alten
Welt in einer malerischen Altstadt mit verwinkelten Gäßchen.
Über allem thront das Chateau Frontenac, über das manche ein
wenig lästern mögen, da es zwar vom Baujahr her deutlich jünger
ist, aber eigentlich paßt es ganz gut zur Ansicht hinzu. Einen durchaus
praktischen Wert hat es auch noch: Aus dem achtzehnten Stock dieses Hauses
hatten wir als geneigte Touristen einen herrlichen Blick über den
St.-Lorenz-Strom.
Abends sollte dann unser erster richtiger Auftritt folgen, und zwar
in einer "Zuckerhütte", in der der geneigte Besucher mit Ahornsirup
verfeinertes Essen zu speisen gedenkt. Leider waren wir dort nicht so recht
willkommen, wir packten dennoch nach dem Essen die Marschbücher und
Instrumente aus, erfreuten diejenigen Gäste, die die Wirtin dort krampfhaft
von unserem Raum fernhielt kurz mit Reichswehr- und Kronprinz-Marsch und
zogen sodann von dannen. So konnten wir dann - diesmal freiwillig in einer
Kneipe der schon oben erwähnten Kette in der Nähe unseres hiesigen
Motels den Abend (oder die Nacht) genießen; auch die ersten Zimmerpartys
nahmen hier ihren Anfang (Paul-Heinrich, es war ziemlich laut vor Deinem
Zimmer).
Den neuen Morgen begrüßten wir in einem Café nahe
des Motels mit dem Frühstück, in dem es verschiedene Arten Toast
gab - Oste-Musikanten auf Toast-Experimentiertour. Jetzt ging es in die
Natur: Der Ziel hieß Grand Canjon Chutes St. Anne, einer sehr sehenswerten
Schlucht in der Nähe. Leider war der Morgen etwas verregnet oder bewölkt,
dennoch war es recht nett, das Flüßchen in der recht malerischen
Schlucht über allerlei Hängebrücken und Stege zu überqueren.
Ganz in der Nähe besuchten wir noch eine Wallfahrtskirche, die Basilika
St. Anna, erbaut um die Jahrhundertwende (zum 20. Jhd.), zeitüblich
im Historismus, sprich von jedem Stil etwas. Sehenswert auch die Krypta
dort. Nach den auch hier noch trüben Aussichten klarte es sich pünktlich
zum Mittagessen in einem Drehrestaurant über Québeq etwas auf,
so daß wir nebenbei das Treiben auf dem St.-Lorenz-Strom vor der
Stadt beobachten konnten und auch ein wenig Fernsicht hatten.
Anschließend freie Zeit für alle, besonders für die
"Fans", weniger für die Musikanten, da abends noch ein Auftritt anstand,
so daß einige sogar in Kluft durch die Stadt zogen. Ohne Kluft sprang
man eben in ein Taxi und flog kurz vor der Abfahrt ins Motel zurück,
das Taxameter sprang aber doch einige Male.
Nach den Erfahrungen vom vorangegangenen Abend war die Stimmung im
Orchester nicht die beste, sollte heute der nächste Reinfall folgen?
Es ging also in die Brasserie "La Belle", einen Tanzsaal, recht modern
eingerichtet, verspiegelte Decke, Metall, usw. Etwas unsicher waren wir
schon, als wir mit unserem Programm begannen. Unser Kapelljürgen machte
seine Ansage, eine der Reiseleiterinnen übersetzte und wir spielten.
Bei den ersten beiden Stücken (Polka, Walzer) lief alles seinen gewohnten
Gang, höflicher aber kräftiger Applaus, nichts Außergewöhnliches.
Dann kam Jürgen auf den glorreichen Gedanken Lili Marleen auflegen
zu lassen. Bei einem Auftritt im Waldschlößchen Dobrock war
Axel P. der Gedanke gekommen, daß man dieses Stück in Kanada
kennen müßte, schließlich waren auch im zweiten Weltkrieg
unzählige Kanadier in Europa eingesetzt gewesen. Ich hatte zwar als
Not(en)wart meine liebe Not, dieses Stück zu besorgen, aber irgendwann
gelang es dann doch. Zurück in die Brasserie: Jürgen macht also
seine deutsche Ansage, erwähnt Lili Marleen und ein leises Raunen
geht durch die Menge. Dann die Übersetzung: das Publikum beginnt zu
toben, um dann zur piano-Einleitung nach Horsts Trompetenfanfare ganz andächtig
zu werden (Klarinetten sind nun einmal nicht ganz so durchdringend). Dann
- nachdem auch die forte-Stellen am Schluß des Satzes mit dem ganzen
Orchester vorüber sind, bricht der Saal in frenetischen Jubel aus,
dreimal sollte Lili Marleen an diesem Abend noch gespielt werden, das Eis
war endlich gebrochen. Eine derartige "Bombenstimmung" von halb acht bis
halb zwölf haben wir eigentlich kaum jemals wieder erlebt.
Der neue Tag sollte uns in die Nähe von Ottawa führen. Auf
der Fahrt dorthin gab es keine besonderen Vorkommnisse, nur meinte ein
gewisser Schlagzeuger, eine ganze Bank der Vierer-(Skat-)Tische im rückwärtigen
Teil des Busses ständig schlafenderweise besetzen zu müssen.
Rein zufällig lag auch Montréal wieder am Weg, so daß
die Durchfahrt gleich noch einmal genutzt wurde, um dort beim ersten Besuch
ausgelassene Sehenswürdigkeiten zu besichtigen. Dazu zählten
der Olympiaturm, der ursprünglich im Wesentlichen für die Winden
des Stadionzeltdaches vorgesehen war. Jedoch ist das Zeltdach über
dem Olympiastadion wohl nur wenige Male mittels dieses Mechanismus geöffnet
worden, denn der Schaden daran war jeweils immens. Aber schon allein die
Fahrt auf den Turm war ein nettes Erlebnis, auch wenn es einmal wieder
an der Fernsicht mangelte, war Montréal noch ganz schön anzusehen.
In direkter Nachbarschaft findet sich das Biodome, eine Art Naturpark im
Saale, der alle in Kanada vorkommenden Klimazonen mit dort ansässiger
Fauna und Flora umfaßt, von der polaren Zone über zwei gemäßigte
Bereiche bis zu einem subtropischen. Auch einen Besuch dieser Einrichtung
sollte man in Montréal nicht verpassen.
Danach ging es weiter Richtung Ottawa. Kurz vor Ottawa bezogen wir
dann unser nächstes Quartier für die kommenden Tage, die Bearbrook
Farm von Walter Henn. Der gute Walter ist ein Verwandter von unserem Saxophonisten
Rüdiger Henn, was sicherlich nicht ganz unbedeutend für die Auswahl
dieses Quartiers war. Wie wir knapp fünf Jahre später erfahren
sollten, haben aber auch andere Kapellen, so die Wernesgrüner Musikanten,
hier einige schöne Tage verlebt. Gespeist haben wir dort typisch deutsch
mit Rinderrouladen in Walters Wohnzimmer. Ja richtig, mit etwa 100 Leuten
in seinem riesigen Wohnzimmer, das war schon etwas ungewöhnlich, aber
schließlich sind wir hier in der Neuen Welt. Anschließend folgte
noch der erste Auftritt im Clubhaus des Maple Leaf-Almrausch-Clubs. Dieser
Verein, dem Walter Henn damals gerade vorstand, war eine Verschmelzung
eines Fußballvereins und eines deutschen Clubs. Hier sollten wir
noch mehrere Auftritte haben.
Dieser Freitag gehörte am Vormittag dem Civilisationsmuseum in Ottawa. Ging es im Biodome noch um die Natur, so war hier das Hauptthema die Kultur. Seien es Indianer- oder Inuit-(Eskimo-)Stämme, die Lebensweise der Ureinwohner Kanadas wurde hier sehenswert dargestellt. Die Kunst im zweiten Stock schien nicht den ungeteilten Beifall der Reisegruppe zu finden, dagegen das Leben in einer kanadischen Kleinstadt, hauptsächlich der europäischen Einwohner im 19. Jahrhundert, war wohl wieder für alle eine angenehme Austellung mit dem nachgebauten Städtchen im Saale. Nachmittags streiften wir durch Ottawa, um dann abends wieder im Club zu konzertieren. Nicht zuletzt dank unseres Fanclubs war die Stimmung dort noch ganz angenehm, der Club alleine schien nicht recht zu begeistern zu sein, es wären sicher auch zu wenig Leute gewesen. Der Auftritt dauerte immerhin - mit Unterbrechungen natürlich - von 8 Uhr abends bis halb eins am nächsten Morgen.
Auch den nächsten Tag verbrachten wir in der kanadischen Hauptstadt Ottawa, diesmal besichtigten wir vor allem das Parlament von außen und erkundeten noch ein wenig das Umfeld. Der nächste Auftritt war für uns etwas Ungewöhliches: Unser Bus steuerte ein Einkaufzentrum an, bei dem ein Markt gerade von Walters Firma eingerichtet worden war. Dort spielten wir - angekündigt als over-30-piece German band - etwa eineinhalb Stunden, vornehmlich für uns selbst aber auch für eine andere Reisegruppe, die zufällig des Weges kam. Dieses Einkaufszentrum war übrigens keine der schon erwähnten Malls, hier gruppierten sich etliche Geschäfte um einen Parkplatz herum. Versüßt wurde uns der Auftritt dnoch durch eine ganz ansehnliche Gage (zumindest für kanadische Verhältnisse, üblich ist dort, höchstens für Kost für die Musiker zu sorgen) und einen Erinnerungsteller, den wir einige Tage später noch für etwa 35 kanadische Dollar in so manchem Geschäft sehen sollten. Anschließend, also abends, spielten wir dann ein letztes Mal im Maple Leaf-Almrausch-Club, bei sehr mäßiger Stimmung. In den Pausen erlegten wir so manche Blume in der clubeigenen "Schießbude". Anschließend trafen sich noch einige an der Theke in Walters Wohnstube, wo noch das eine oder andere mehr oder minder hochprozentige Getränk verzehrt wurde, diesmal allerdings ohne daß Erich oder Kai die dortige Hammond-Orgel bedienten, wie es an den Vortagen schon einmal geschehen war.
Dieser Tag war vor allem ein Reisetag, mußte doch bis zum Abend
Kitchener erreicht werden, der Ort des größten Oktoberfestes
hier auf dem amerikanischen Doppelkontinent. Auf der Reise zeigte auch
erstmals Volker Wacker als reisender Showmaster sein Können - eine
tolle Auflockerung. Abends bezogen wir dann das Holiday Inn in Cambridge.
(Was dort noch passierte, kann ich leider nicht berichten, da ich noch
unbedingt einen Kommilitonen in Waterloo besuchen wollte. Die bekannte
Universitätsstadt Waterloo bildet einen Städtekomplex mit Cambridge
und Kitchener zusammen.)
Auch eher dem Amüsement auf dieser Fahrt diente der Zwischenstopp
im Naturpark der 1000 Inseln. Einige dieser Inseln mit doch ganz brauchbaren
Wohngelegenheiten (Villen, hübsche Garagen für Segel- und andere
Boote, romantische Burgen usw.) besahen wir uns auf einer Schifftour durch
diese pittoreske Inselwelt.
Einer der Höhepunkte der Orchesterreise war sicherlich das Oktoberfest in Kitchener (bis 1916 war der Name dieser Stadt Berlin) und dort die große Parade am Thanksgiving-Tag, der 9. Oktober 1995. Der Tag begann zeitig, denn schon morgens um viertel vor acht (für manche deutschsprachige Gegenden: dreiviertel acht) sollte die Abfahrt vom sehr zu empfehlenden Holiday Inn in Cambridge (bei Kitchener; wie ich selbst ausprobiert habe, kommt man von dort in etwa 20 Minuten mit dem Taxi nach Waterloo) sein. Gewohnheitsgemäß kamen wir einige Minuten später los, aber es war immer noch reichlich Zeit. Zu diesem Zeitpunkt begleitete uns auch schon ein Herr vom Oktoberfestkomitee (wie die anderen Gruppen auch, kenntlich an irgendwelchen gelben Jacken). Dieser führte uns dann auch von unserem Busparkplatz in einer Querstraße zur Paradenstraße, der King Street, an unseren Platz im Festzug. Hier trafen wir nahe uns auch eine österreichische Gruppe - ein recht großes Blasorchester - aus der Steiermark. Kurze Gespräche mit den Kollegen ergaben, daß diese Gruppe innerhalb (innert, wie man dort wohl sagt) vierzehn Tagen 28 Auftritte hatten, vielleicht wirkten sie deshalb am Ende der Parade ein wenig lustlos, als es darum ging, zum Abschluß noch den Bozener Bergsteiger-Marsch gemeinsam zum Besten zu geben. Nichtsdestotrotz - gegen neun Uhr setzte sich der ganze Zug auch an unserem Platz in Bewegung, vorbei an - wie man sagt - etwa 350.000 Zuschauern, die dichtgedrängt mindestens in Dreierreihen beidseitig die Straße säumten, und das entlang nahezu der gesamten Umzugsstrecke von wohl sechs Kilometern. Insbesondere wir, wie auch die anderen etwa 20 teilnehmenden Gruppen aus der Alten Welt, wurden vom Publikum immer besonders herzlich bejubelt. Das geschah so häufig und anhaltend, daß wir faßt versäumt hätten, unserem Troß zuzuwinken. Was wohl das ewige "Play! We want music!" gehießen haben mag? Sechs Kilometer können doch recht anstrengend sein, aber glücklicherweise war es morgens noch nicht besonders warm. Insgesamt waren wohl ungefähr 150 Gruppen an der Parade beteiligt, und alles unter dem Symbol "Onkel Hans", dem Maskottchen des Oktoberfestes dort. Einzige Panne während des Umzuges unsererseits war wohl, daß uns niemand vorher gesagt hat, wann wir uns auf Fersehaufnahmen einzustellen hatten. So sind wir wohl nicht nur beim Spielen, sondern auch beim Umblättern unserer Noten ins kanadische Fernsehen gekommen. (Falls jemand einen Videomitschnitt dieser Sendung besitzen sollte, bitte melden; dem Oktoberfestkomitee in Kitchener fehlt leider ausgerechnet dieses Jahr, und wir haben die uns zugesagte Videocassette leider nicht bekommen.) Zur offiziellen Begrüßung an einem Sprecherstand hatten wir dann aber hinzugelernt: Musikalisch konnten wir den Gruß beantworten.
Damit war der Tag noch nicht zuende: Zurück zum Holiday Inn in Cambridge ging es auf verschlungenen Pfaden um Kitchener herum. Station gemacht wurde in St. Jacobs, einer Mennonitenstadt hier ganz in der Nähe. Einige hatten dabei wohl fast eine Atmosphäre wie bei den Amish people auf der Reise in die U.S.A. (1990) erwartet, das war aber hier ausdrücklich nicht der Fall. Vielmehr sahen wir unzählige Antiquitätenläden, wobei besonders erstaunlich war, daß diese auch geöffnet waren, denn immerhin war der Thanksgiving-Tag, an dem man eigentlich in ganz Kanada größte Probleme bekommt, wenn man ein wenig einkaufen möchte. Spätestens danach wurde allerdings zumindest der Orchesterbus zu einem rollenden Schlafsaal, von der Fahrt durch die Umgebung von Kitchener weiß kaum jemand etwas zu berichten, da der Tag nach frühem Wecken und dem langen Umzug doch recht anstrengend war. Einige Hartgesottene verbrachten den Abend noch auf dem Oktoberfest - wenn sie denn ein Taxi vom Hotel dorthin bekommen hatten.
Auch der nächste Tag begann früh, auch er hatte wieder etliche Höhepunkte. Ziel sollten die Niagara-Fälle sein. Uns wurde gesagt, daß wir wegen derjenigen, die sich die Fälle von einem Hubschrauber aus ansehen wollten, beizeiten aufbrechen sollten, so hieß es um 8 Uhr wieder "Reise, Reise". Nun - der Ablauf sah dann doch etwas anders aus: Hatten wir zunächst gedacht, daß die meisten wohl nur mit den "Maid-of-the-Mist"-Booten zu Fällen fahren wollte, flog doch noch ein großer Teil der Reisegesellschaft mit dem Hubschrauber über die Fälle hinweg. Das war jedoch nicht das Alternativprogramm, denn nahezu alle bestiegen später auch die schon erwähnten Boote, nachdem sie einen blauen Regenumhang (gegen die Gischt, nicht Gicht) erhalten hatten. Doch zuvor sahen wir im IMAX-Kino in der Nähe der Fälle einen Film über diese und betrachten sie anschließend bei einem gemeinsamen Mittagessen vom Skylon-Tower aus von oben. Leider hatten wir wieder Pech mit dem Wetter, es war ein wenig diesig. Dann folgte endlich die Gemeinschaftsdusche mit den Booten, einige glaubten sich beim Abstieg zum Anleger daran zu erinnern, daß die arg mitgenommene (verrostete) Eisenkonstruktion neben den Treppen fünf Jahre zuvor noch gut in Schuß gewesen sei. Ein wenig unverplante Zeit führte unsere Weltreisenden dann noch an den Rand der Fälle, in einen Stollen hinter die Fälle (diesmal mit gelben Capes), durch Niagara Falls ... . Anschließend hatte man ein wenig den Eindruck, die Reiseleitung wolle noch etwas Provision verdienen, es mußte hektisch aufgebrochen werden, um noch einen Grünzeughöker in seinem Laden aufzusuchen. Dann - endlich - ging es weiter gen Toronto.
Kurz vor Toronto - in St. Catherines - hatten wir noch einen kleinen Auftritt, der ruhig hätte länger dauern können. Da wir vorher schon bei den Niagara-Fällen waren und uns zwischendurch eine Möglichkeit zum Umziehen fehlte, wurde dies nun unser erster Auftritt in Kanada in "Räuberzivil". Außerdem hieß es am Vorabend noch, der Auftritt solle nur ein kleines Stündchen dauern. So führte man uns dann in einen sehr einsam und tot wirkenden Landstrich, bei dem wir zunächst die Befürchtung hatten, daß es ein eher eintöniger Auftritt werden könnte.
Aber auch hier wurden wir begeistert aufgenommen und hätten eigentlich den ganzen Abend gestalten sollen, wir mußten leider viel zu früh wieder aufbrechen. In diesem Club Rheingold fanden wir dann auch Leute, die nahe Bindungen zu unserer Heimat unterhielten. Je ein Gast stammte aus Bornberg, aus Schölisch (Stade) und aus Fredenbeck.
Zunächst haben wir uns an diesem Morgen einen kleinen Überblick
über Toronto verschafft, was wohl am besten vom CN-Tower aus geschieht,
den wir auch dazu benutzt haben. Endlich hatten wir auch einmal eine ganz
gute Sicht vom Aussichtsturm aus. Auch von diesem Turm kann man direkt
in ein Stadion hineinsehen, diesmal ist es der SkyDome, bei dem allerdings
das (Schiebe-)Dach funktioniert, was in Montréal nicht der Fall
war. Weiter ging es für viele mit einer Stadtrundfahrt durch Toronto
und längerem Shopping im Eaton Centre (eine der größten,
wenn nicht die größte Mall Kanadas) oder im Stadtzentrum Torontos,
einige waren wohl auch im Chinesenviertel. Ich zog in diesem Fall eine
kurze Taxifahrt zum Ontarion Museum of Science vor - Physik und Technik
zum Ausprobieren, weltbekannt und genial gemacht. Nachher hörte ich
von manchen Leuten, daß sie auch gern dort gewesen wären. Dann
hätte ich wahrscheinlich aber nicht den Taxifahrer erlebt, der mich
ganz interessiert nach den letzten Vorkommnissen in Deutschland fragte,
er war längere Zeit in Hannover gewesen, wie klein die Welt doch manchmal
ist.
Der Abend war dann eigentlich für den gemütlichen Abschluß
vorgesehen, aber irgendwie schien das mit der Hotelleitung nicht funktionieren
zu wollen. Zunächst fühlte man sich durch ein Geburtstagsständchen
für den einen oder anderen Mitreisenden genervt, dann war auch der
Raum für den gemütlichen Abschluß denkbar ungeeignet. Ein
Ehepaar aus der Gruppe hat dann den eigentlich etwas mißglückten
Abend noch zu einer "Lichterfahrt" durch Toronto genutzt, sicher nicht
die schlechteste Idee.
Der nächste Morgen begann so, wie der vorherige Abend aufgehört hatte: Wir wollten zeitig frühstücken, nur stand leider das Frühstück noch nicht parat. So kamen wir dann erst etwas später als geplant in Kingston, einem sehr britischen Städtchen am Ontariosee an. Etwas beschaulicher als in Toronto war es hier, aber irgendwie ganz gemütlich. Des Nachmittags besichtigte die ganze Gruppe eine Festung auf einer Halbinsel vor Kingston, in der irgendwelche Schülergruppen - wohl als Klassenausflug - das Lagerleben im 19. Jahrhundert nachspielten, manche haben wirklich seltsame Ideen. Anschließend ging es zurück ins sehr gepflegte Hotel Ambassador nahe Kingston, die letzte Nacht in Kanada. Hier wurde dann der Abschlußabend zwanglos nachgeholt, hier und da fanden sich einzelne Gruppen und Grüppchen zusammen, nachdem Pool und recht erfolglos ein Squash-Court von einzelnen getestet worden war. (Die Anlagen konnte man teilweise über das Hotelfernsehen in den Zimmern beobachten.)
Der nächste Morgen diente uns noch zu einem Besuch im Upper Canada
Village, einem Museumsdorf. In der Saison, die allerdings gerade beendet
war, wird dieses Dorf, bestehend aus Gebäuden die von der St.-Lorenz-Strom-Küste
hierher versetzt worden sind, von vielen Leuten richtig bewohnt und originalgetreu
genutzt, wie es in der zweiten Hälfte des 19 Jahrhunderts üblich
war. Auch die Werkstätten und eine fast industrielle Holzverarbeitung
waren zu besichtigen. Wenn auch sonst kaum noch Leben hier war, so war
man doch im Sägewerk noch fleißig und ließ gerade einen
Baumstamm von der Gattersäge zerteilen. Hilfreich bei diesen Führungen
ist auch immer eine gute Führung. Wir hatten das Glück von einer
etwas ältlichen Jungfer, so wie die Dorflehrerin im Wilden Westen
immer gerne dargestellt wird, durch das Dorf geführt zu werden, sie
machte ihre Sache gut, unser Guide mußte allerdings jeweils übersetzen,
was manchmal ein Problem war, immerhin verstanden viele schon vorher den
englischen Text der Museumsdorfführerin. Am Upper Canada Village-Shop
bestand dann noch die reichlich genutzte Gelegenheit, die letzten noch
fehlenden Souvenirs zu erwerben, denn anschließend ging es zum Flughafen
nach Ottawa.
Hier hat es leider nicht ganz so einfach wie in Fuhlsbüttel mit
dem Einchecken unseres Gepäcks funktioniert, erst ein geschickter
Auftritt von Walter Henn in perfektem Timing konnte die Situation dann
entschärfen. Dem Start in Ottawa folgte eine kurze Zwischenlandung
in Halifax, die dann doch etwas länger dauerte, da uns ein Passagier
abhandengekommen war, später stellte sich heraus daß er die
ganze Zeit im Flieger saß.
Rückreise mit gewissen Problemen
Es heißt, "Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen."
Das muß sich nicht nur auf die Erlebnisse am Reiseziel beziehen,
auch auf dem Weg kann es zu gewissen Vorkommnissen kommen. So begannen
wir diesen schönen Tag im bewährten Orchesterflieger bei ruhigem
Wetter über dem Atlantik und landeten (wegen des langen Aufenthalts
in Halifax am Vortage) mit einiger Verspätung in Amsterdam-Schiphol.
So mußten wir dann größtenteils (mit etwa 40 Leuten) den
Flughafen im Sturmschritt durcheilen, der Anschluß nach Hamburg wartete
und wir erreichten am Vormittag Fuhlsbüttel. Dort kamen dann auch
bald die Mitglieder der Fanclubgruppe an und es fehlte nur noch der zweite
Zubringer aus Amsterdam, der wohl eine Stunde nach der ersten Musikantengruppe
gestartet war. Nichts böses ahnend warteten wir ein wenig, nur der
Flieger kam und kam nicht. Eine Auskunft ergab schließlich, er sei
unbestimmt verzögert und wir reisten recht müde mit dem Bus gen
Heimat. Eine wahre Räuberpistole erwartete uns dann von den übrigen
Reisenden: Die kleine Turbopropmaschine war von Schiphol gestartet, kurz
in der Luft gewesen und die Passagiere durften sich sogleich wieder anschnallen.
Die Maschine kehrte zum Amsterdamer Flughafen zurück, zwischendurch
fielen die Sauerstoffmasken von der Decke und an Bord waren natürlich
gerade diejenigen, die eigentlich etwas gegen Flugreisen hatten. Nun, sie
landeten aber doch wieder gut in Schiphol, standen aber dann vor dem Problem,
nach Hamburg zu kommen. Stunden später - ein Flug war nicht organisierbar,
ging es in Kleinbussen gen Deutschland, wobei der arme Fahrer miterleben
mußte, wie die zollfrei eingekauften Whiskyflaschen geleert wurden
und die Fahrgäste immer lustiger wurden. Nebenbei wurde hier übrigens
auch das bisher nicht in Hamburg angekommene Gepäck der übrigen
Musikanten transportiert, so daß gegen Mitternacht dann endlich alle
Mitreisenden und ihr Gepäck wieder in der Heimat vereint waren.
Genial - diese Reise!